Montag, 25. August 2014

Herzlich Willkommen, Beelzebebi!

Nun bin ich auch wieder da!

Am Montag vor drei Wochen kam ich ins Krankenhaus wg Terminüberschreitung. Dort gab es den ersten Wehencocktail. In den folgenden 5 Tagen bekam ich sage und schreibe 8 Tabletten zur Einleitung, die allesamt nahezu komplett wirkungslos blieben. Schließlich folgte der Wehentropf, der einen 4-stündigen Wehensturm auslöste. Danach war ich platt wie nach einer Geburt, die Niere konnte nur durch eine Elefantendosis Schmerzmittel schmerzfrei gestellt werden, ich bekam wohl auch irgendwas zur Beruhigung, allesamt muttermundsunwirksame Wehen - kein Baby.

Dazu muss ich sagen, der erste meiner ETs war der 20.7. gewesen, Ärzte mittlerweile schon in Zugzwang. Immer wieder pendelte das Damoklesschwert 'Kaiserschnitt' bedrohlich über mir. Aber sämtliche Ärzte wie Schwestern und Hebammen redeten mir nach wie vor gut zu, Kaiserschnitt sei nicht meins, ich würde das auch ohne schaffen. Wie sehr sie mir damit von der Seele sprachen, glaubt mir kein Mensch. Allein die Vorstellung, dass das Kind, das seinen leiblichen Vater sowieso aller Wahrscheinlichkeit niemals kennenlernen wird, nach einem Kaiserschnitt, bei dem es eine dritte Person zum Bonding braucht, nicht bei mir sein kann, nachdem mein großer Sohn ja auch schon ... Gedanken über Gedanken.

Hinzu kam, dass sich bei etwa ET+10 (so genau kann ich das nicht sagen, vermutlich handelt es sich um eine verschleppte Nierenbeckenentzündung; die Hebamme hatte erzählt, echte Wehen kämen aus dem Rücken, daher hatte ich mich über diese Schmerzen gefreut, im Glauben, es wären Wehen) eine Nierenbeckenentzündung und Harnstau entwickelten, und meine linke Niere gestaucht war und ich dreimal täglich Antibiotika intravenös verabreicht bekam, dazu starke Schmerzmittel, um das irgendwie auszuhalten. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, wie atmen ohne Schmerzen. Und zu diesem nahezu unerträglichen Schmerz sollte ich noch zusätzlich Wehenschmerz aushalten?! Die Ärzte sagten mir, sobald das Baby da wäre, wäre der Schmerz weg – logisch, kein Druck mehr auf die Niere und alles wird gut. Alles in mir sagte mir, eins nach dem Anderen. Ich war nun dermaßen weit über den Termin, dass sich irgendwas in mir entwickelte – Willenskraft, Zubeißen -, und ich einfach keinen Kaiserschnitt wollte, und ich irgendwoher eine Kraft entwickelte, die mir ermöglichte, das alles durchzuziehen. Mein Gefühl sagte mir: erst das mit der Niere in den Griff bekommen, dann Kind bekommen, selbst bei ET+x. Kaiserschnitt … mein kleines neugeborenes Baby bei einer Hebamme oder jemand Fremden, während ich noch in Narkose … NEIN! NEIN! NEIN! Zumal ich es so dermaßen weit geschafft hatte: das Myom hatte sich in Luft aufgelöst, Kind hatte sämtliche Lageanomalien durch, und sich zum Schluss dennoch in die richtige Startposition begeben und und und. Nein, JETZT kam für mich definitiv kein Kaiserschnitt mehr in Frage. Aber was dann?! Es tat sich ja in mir schlicht und einfach NICHTS.

Tja nun … am 10.11. frühmorgens ging der Schleimpropf ab. Da stand ich das zweite Mal auf dem OP-Plan für einen Kaiserschnitt, unter der Option, dass wenn sich was täte, die OP jederzeit abgesagt werden konnte. Also … nach wie vor keine wirksamen Wehen, aber immerhin Schleimpfropf ab, Kaiserschnitt ein letztes Mal vertagt. Neu angesetzt: 11.8. gleich 8 Uhr früh – ich tat den Ärzten einfach nur noch leid, deshalb gleich der erste Termin am Morgen.

Am selben Abend hatte ich arge Schmerzen auf der linken Seite – wie gehabt. Da ich nicht wusste, wie ein- oder ausatmen, und wie überhaupt noch sitzen, stehen oder liegen mit der Niere, ließ ich mir von der Nachtschwester nochmal Paracetamol intravenös geben, in den blöden Zugang auf dem Handrücken. Ich wertete das als Nierenschmerzen in Kombination mit der Aufregung vor der bevorstehenden Operation am nächsten Morgen. Klar – wenn eine solche OP medizinisch notwendig ist, dann ist sie das. Punkt, fertig aus. Dann ist das so, ohne Wenn und Aber. Andere Frauen wählen Kaiserschnitt aus Angst vor dem Geburtsschmerz, ich hatte panische Angst vor Kaiserschnitt, Narbe, aufschneiden, Narkose, längere Schmerzen als nach einer normalen Geburt etc etc.

Am 11. August wachte ich auf vor Schmerz. Der gleiche Schmerz wie am Abend zuvor, und ich wusste, dass das keine Nierenschmerzen mehr waren, sondern Wehen. So ging ich noch einmal zur Nachtschwester, die mich prompt in den Kreißsaal schickte. Am CTG waren nun deutlich Wehen in sehr regelmäßigen Abständen zu erkennen. Eine meiner Lieblingshebammen sagte sofort den Kaiserschnitt ab, und schickte mich – frühmorgens um 5.30 Uhr – noch eine Dreiviertelstunde laufen, so gut es eben ginge, um die Wehen das letzte Mal anzustupsen. Da ich so ein enormes Bedürfnis nach Frischluft hatte, ging ich nach draußen, wo sich grade die Nachtschicht auf den Heimweg machte, und die Frühschicht im Kommen war. Die Leute starrten mich an, wie ich da durch den Nieselregen mehr kroch als lief und mich alle 10 Meter hinsetzten zum Durchatmen, aber ich war stolz auf jede einzelne Wehe.

Zurück im Kreißsaal wurde dann nochmals CTG geschrieben, der Befund für den Muttermund war inzwischen geburtsreif. Dann ging alles ganz schnell. Die Geburt von meinem kleinen Beelzebebi stellte alles bisher Dagewesene komplett in den Schatten. Das Schönste Erlebnis, das ich jemals hatte. Beelzebebi, und dann ganz lang nichts. Fridolin’s Geburt, das davor und danach war nicht wirklich das, was man als ‚schön‘ bezeichnen kann. Im Gegenteil. Ein Großteil meiner Angst im Vorfeld von Beelzebebi’s Geburt liegt in den blöden Erlebnissen von Fridolin’s Entbindung begründet. Die Geburt von meinem kleinen Löwenbaby war schnell, unkompliziert, schmerzfrei und einfach nur Wahnsinn!

Die Tage nach der Entbindung im Krankenhaus empfand ich als recht stressig. Stillen konnte nicht so wirklich funktionieren, wenn sie oder ich ständig zu irgendwelchen Untersuchungen mussten, genau dann, wenn eigentlich Stillzeit war. Am zweiten Tag entwickelte sie eine Neugeborenen-Gelbsucht, die aber glücklicherweise nicht behandelt werden musste, wir blieben lediglich zur Beobachtung einen Tag länger im Krankenhaus als geplant.

In der Zeit bekamen wir auch ganz viel lieben Besuch – Menschen, die mein Baby willkommen heißen wollten auf der Welt!