Samstag, 2. Mai 2015

Eklai

Das Fenster sperrangelweit aufreißen, um die Kälte hereinströmen zu lassen,
um dem Regen zuzuhören, wie er das Grün der Bäume und Sträucher nur noch satter macht,
tief durchatmen.

So viele Eindrücke, die auf mich hereinstürzen die letzten Tage und Wochen.
Meine Mutter, die schwer erkrankt ist.
Das Erdbeben in Nepal. Meine Freund dort. Mein Ex-Freund.
Die Sorge.
Hat er überlebt?
Wie geht es ihm und seiner Familie?
Ob er auch alles verloren hat?

In meiner Sorge um ihn kontaktierte ich flüchtige Bekannte von anno dazumal. Viele meldeten sich, darunter eine sehr nette Frau aus Wien, die gemeinsam mit ihrem Mann letztes Jahr in Nepal gewesen war, wo sie ihn kennengelernt hatten. Wenige Tage nach dem verheerenden Erdbeben dann endlich die Erlösung: seine Familie hat alles verloren, das tolle Haus in seinem Heimatdorf - Schutt. Wie so viele andere Nepalesen müssen auch sie nun unter einer Zeltplane hausen. Aber alle sind am Leben!!


Unverändert wie in der Zeit, als wir zusammen waren, setzt er sich unermüdlich für die ein, die Hilfe brauchen, und stellt sich selbst hinten an. Immer. Aktuell hilft er nun in einem Krankenhaus, da er ja sowieso nicht arbeiten gehen kann, und schickt Lebensmittel in sein Heimatdorf - Linsen, Reis ... . Er schickte mir ein Foto seines Dorfes, dort stehen auch nur noch drei Häuser, alles andere ist platt.
Ansonsten drehen sich unsere Unterhaltungen um alles, außer das Erdbeben. Vermutlich braucht er ein bißchen Normalität in diesem Chaos. Und er lächelt und lacht. Aufrichtig. Das war schon immer so: egal, welche Schwierigkeit, es gibt immer irgendetwas, an das er sich hochzieht. Das ganze Volk ist so. Er schaffte schon immer, mich zu beruhigen und alle um ihn herum, egal, in welcher Situation. Noch nie nie nie in diesem Leben war mir ein Mensch so nah gewesen. Nicht in meinem direkten Umfeld, und schon gleich gar nicht über 6600 km und in eine komplett fremde Kultur. Wobei mein mexikanischer Hintergrund die Sache vermutlich enorm vereinfacht. Nepalesen und Mexikaner sind sich gar nicht soooo unähnlich vom Wesen her ....... .

Warum das damals aufhörte? Es gab nicht wirklich einen negativen Grund. Irgendwann überrumpelte uns die Entfernung dann doch. Oder war es die Angst vor der eigenen Courage? Faulheit? Der falsche Zeitpunkt?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Platz für deine Gedanken zum Thema: