Freitag, 22. Januar 2016

Der Alles-Kaputt-Macher

Fred.
Ich bin aggressiv.
Extrem.

Was für eine aufregende Zeit.
Eines meiner Kinder, das 'geht', noch vor der Zeit.
Umzug. Nicht irgendwohin, ans andere Ende von Deutschland.
Gute Freunde, die auswandern.
Ans andere Ende der Welt.

Und das tiefe Loch, in das ich falle.
Und falle.
Und falle.
Vielleicht stürzt mich das in eine waschechte Depression.

Neid?
Nein.
Der Verlust von drei sehr besonderen Menschen auf einen Schlag.
Menschen, mit denen ich täglich zu tun hatte, viele Stunden.
Zu viel Verlust in meinem Leben.
Zu viele Sicherheiten, die weggebrochen sind.
Zu wenig Sicherheit, die bleibt.

Mein Mann, der für mich da ist.
8000 km weit weg.

Ich möchte unablässig kotzen vor Traurigkeit.
Vor Wut, dass man mir meine Sicherheit nimmt.
Ich möchte meinen Krempel packen, und auch hier weg.

Fred, der hier ungefragt hereinplatzt.
Trotz Ankündigung, der Bub würde zum Fußball gehen.
Weil er fertig war bei seinem Arzt.
Der nicht etwa klingelt, um in meinen Haushalt zu kommen,
sondern der seinen Schlüssel benutzt.
Der in meine absolute Privatsphäre eindringt, im denkbar ungünstigsten Zeitpunkt.
Zu einem Zeitpunkt, zu dem meine Arbeit zu Ende war,
und ich dringend fünf Minuten, nur fünf Minuten für mich gebraucht hätte,
um mich kurz zu sammeln, nachdem ich gerade meine Freunde verabschiedet hatte.
Für immer?!
Zeit zum Trauern.
Sie haben mir so viel da gelassen.
Es tut weh, so weh.

Er brachte mir eine Flasche Cola mit.
Warum?! WARUM?!
Am Liebsten hätte ich sie ihm um den Kopf geschmissen.

Ich übe meinen Beruf seit ziemlich genau 20 Jahren aus.
Kinder kommen, Kinder gehen, weil sie aus der Krippe in den Kindergarten,
aus dem Kindergarten in die Schule,
aus dem Heim wieder nach Hause gehen,
weil sie umziehen.
Neue Kinder kommen nach, Krippenkinder, Kindergartenkinder, Flüchtlingsmädchen, Heimkinder.
Ja.
In beinahe 20 Jahren habe ich viele Kinder kommen und gehen sehen.
Ich habe noch niemals bei einem Kind, das ging, weinen müssen.
Als würde mir ein Stück Herz herausgerissen.
Als würde mein Herz brechen.
Warum ist das so?
Was ist denn nur los mit mir?

Der Tropfen Verletzung, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat?
Der Tropfen Verlust, der zu viel ist?
Als ob mir der Boden unter den Füßen weggezogen würde.

Es macht mir Angst, dass mich dieses so dermaßen umhaut.
Seit vielen Tagen schon.
Wochen.
Seit ich wusste, dass es so kommen würde.

Es tut mir weh auf eine Art, die mir große Angst macht.
Als wäre etwas in mir unwiederbringlich kaputt.
Warum?


Vor zwei Nächten träumte ich.
Ein Bild mit Gefühlen.
Keine Handlung.
Der Erzeuger von der Bebiline stand da,
mit ihr auf dem Arm.
Die erste Begegnung in ihrem Leben.
Sie vertraute ihm.
Obwohl.
Er sie sehr schlimme Dinge nannte.

Meine Bebiline, die heute auf dem Handy ein Foto vom Mann sah, und sagte
PAPA. PAPA. PAPA. PAPA.

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