Donnerstag, 14. Januar 2016

Backerbsen

Wenn ich weiß, dass der Ex (!!) einkaufen ist, wenn das Telefon klingelt, gehe ich nicht mehr ran. Weil das unheilvolle Brummen verkündet, dass Fred entweder fragt, ob er die runden oder die eckigen Tomaten kaufen soll, weil es irgendwas angeblich nicht gibt (er's nicht findet), oder weil ,bevor ich jetzt lange suche, wo stehen denn die Backerbsen?". Es macht mich wütend. Sehr. Sehr. Wütend. Wenn du dich echauffierst, weil ich dich wie einen Erwachsenen behandeln soll, dann verhalte dich wie ein Erwachsener.

Neulich fragte der Bub mich, wie man lernt, was man fürs Leben alles wissen muss. - "Use your brain!" Gerade kommen wir von einer kleinen Radtour bei strahlendem Sonnenschein und einem kurzen Walk durchs Einkaufszentrum. Was soll ich sagen? Es war anstrengend. Ich hatte dem Bub je eine Aufgabe im Kleidergeschäft, eine im Schreibwarengeschäft und eine im Supermarkt gestellt: "Finde die Schlafanzüge in Größe 140", "Hole dir eine Packung selbstklebende Etiketten" und "Geh bitte 500g Quark holen". Dazu gab ich ihm jeweils noch ein paar Tips, weil - ja, die Aufgaben sind eine Herausforderung für einen 8-Jährigen, aber nicht unlösbar. 

Fred's erlernte Hilflosigkeit macht mich wütend. Wütend und panisch, weil ich auf gar keinen Fall möchte, dass der Bub so wird. 

Nur um das klarzustellen: Fred ist auch nicht dumm! Keineswegs. Er hat studiert und eine gute Arbeit. Aber er macht sich selbst dumm, nicht ICH, und eben diese erlernte Hilflosigkeit und Hunderttausend Ausreden für alles, die mich vor anderen Menschen schämen machen. Im Supermarkt ist immer angeblich nie ein Mitarbeiter da, wenn er grade was sucht (also quasi nie). Ich weiß, dass er panische Angst davor hat, einen der 1000 Verkäufer, die dort ständig durch die Gänge wuseln, zu fragen.

So, die Aufgabe im Schreibwarenladen löste der Bub in Nullkommanix. Der Laden ist riesig, selbstklebende Etiketten sind klein. Also ging er zu einem Verkäufer, grüßte zuerst höflich, und stellte dann klar und deutlich seine Frage. Der Verkäufer führte den Bub zum Ständer mit den selbstklebenden Etiketten - Zack! Aufgabe in nur 5 Minuten gelöst. Superspitzenmäßig, großes Lob, muss man sich auch erst mal trauen als kleiner Junge, einen fremden Menschen ansprechen.
Die Lösung der anderen zwei Aufgaben brachten mich an den Rand der Verzweiflung, weil ich so viel von Fred's Verhalten darin wieder erkannte. 
Warum genau Fred so ist wie er ist, weiß ich nicht. Vielleicht hat er's nie gelernt. 
Aber ich werde den Bub darin unterstützen, dass er lernt, selbständig klar zu kommen, oder sich Hilfe zu suchen, wo nötig. Wo nötig.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Platz für deine Gedanken zum Thema: