Samstag, 5. Dezember 2015

Con razón

Uns es graute mir zu recht. Das Telefonat war scheiße, sehr scheiße. Ich müsste heulen, Rotz und Wasser, um diesen gewaltigen Druck auszugleichen in mir. Aber ich kann nicht. Gleich kommt Fred, weil er irgendetwas abholt.

Zum Glück ist Fred gleich wieder weg.

Bebi ließ ich die Einkäufe ausräumen, dann war sie zumindest eine kurze Weile beschäftigt. Ich lasse die Taschen nun im Hausflur stehen, dann bringt sie mir Stück für Stück in die Küche, und stellt alles - mit gaanz lang strecken und auf die Zehenspitzen stellen - auf die Arbeitsplatte. So süß. Und sie ist richtig schnell dabei, weil sie in ihrer roten Latzhose (die mit der Tasche vorne auf dem Latz) hin und her flitzt - und so tatsächlich hilft. Dann klettert sie wenigstens einen Augenblick mal nicht aufs Sofa, und hupft drauf rum und macht wenigstens kurz mal keinen Köpfer mit Salto nach unten ... .

Tja nun ... Frida ... einerseits möchte sie mich in ihrer Nähe haben, und lädt mich seit langer Zeit zu sich nach Hause ein. Ja, es wäre wohl das Normalste der Welt, wenn eine Tochter ihre Mutter besucht. Aber nicht bei dem gewaltigen Druck, den sie aufbaut. 
Interessanterweise habe ich letzte Woche mit einem Menschen gesprochen, der mich von ganz früher kennt, und auch meine Mutter - und meinte, ich hätte keine leichte Kindheit gehabt. So hat mir das noch nie jemand gesagt. Das hat noch nie nie nie jemand anerkannt. Immer bloß Beschwichtigungen von wegen "aber sie hat sich doch immer solche Mühe gegeben", "aber du hattest doch alles, was du brauchst" - vielleicht waren das aber nicht die richtigen Dinge. Vielleicht braucht ein kleines Kind , das sehr früh auf tragische Weise den Vater - Hauptbezugsperson Nr 1 - verloren hat, weniger von allen Dingen und nur das Beste, sondern einfach emotionale Nähe. Ganz profan. Ganz rational: nett gemeint ist trotzdem ... nicht zwangsläufig richtig.

Ich kann nicht 'einfach so' zu ihr fahren, auch nicht der Kinder wegen. Meinen Kindern ist nicht damit geholfen, wenn es mir tagelang vor einem Besuch schlecht geht vor Aufregung, ebenso wie danach.

Heute knallte es gewaltig am Telefon, weil ich ihr sagte, dass ich mich zum Einen unwohl fühle dort, und zum Anderen ich auch keinen Bock habe, auf immer und ewig die gleiche Leier, wie böse ich bin, was ich alles falsch mache, was für ein scheiß Mensch ich bin ... einerseits stumpfe ich mit der Zeit ab, andererseits treffen mich ihre Worte nach wie vor. Sehr. Manchmal kann ich besser damit umgehen - mich davon abgrenzen, zur Zeit eher weniger. Zur Zeit sehr schlecht. Früher phasenweise so schlecht, dass ich damit begonnen habe, mich zu überessen. Ja, Binge Eating Disorder. Nicht in der klassischen Form, aber dennoch mit großer Gewichtszunahme. Die Essstörung ist weg - seit 2011, Übergewicht da. Und ich fühle mich nicht wohl damit, ich hasse es.

Und nein, die Umstände meiner ungeplanten Schwangerschaft sind nicht ursächlich für unser schlechtes, für unser miserables Verhältnis, damit machst du es dir zu einfach, Frida. Die Ursache liegt tiefer, und weit, sehr weit zurück. Ändern ließe sich nur etwas, wenn du dir einmal helfen lassen würdest, und einen Anreiz zur Veränderung. Bis dies geschieht, kann nur ich mich verändern .... . Unabhängig von dir.

Ja doch, ich würde schon gerne dort hingehen, mit meinen Kindern. Wenn ich die Sicherheit hätte, nicht wieder und wieder und wieder verletzt zu werden. Sie ist meine Mutter, ich bin dort aufgewachsen. Der Preis - das Risiko, weiter nachhaltig verletzt zu werden - ist zu hoch, als dass ich es derzeit riskieren könnte. Eine Lösung der Gesamtsituation ist derzeit nicht in Sicht. Ich kann nur für mich lösen, nicht für sie. Das ist gleichzeitig meine Lösung, und meine Veränderung, wie ich mich abzugrenzen versuche, mich distanziere, so leid es mir tut.
In den letzten Jahren habe ich erfahren dürfen, nicht der Arschlochmensch zu sein, der sie mich glauben macht und machte, zu sein. Daran muss ich weiter arbeiten. Ich schlage die Tür zu ihr nicht zu, aber ich kann sie nicht wieder so nahe an mich ranlassen, dass ich verletzt werde. Verletzungen gingen in der Vergangenheit mit tagelanger Traurigkeit und Durch-den-Wind-Sein einher. Ich kann auch nicht der heilende Mensch/Arzt sein, den sie eventuell braucht. Sie ist ein Igel, der schreit 'nimm mich in den Arm'. Ich habe Sorge zu tragen für zwei Kinder, von denen eines keinen Vater hat. Wenn es mir schlecht geht, leiden meine Kinder. Unmittelbar. Das kann, will und werde ich nicht zulassen. Niemals.

Aktuell geht es mir nicht durchweg gut, das hat wohl auch Einfluss auch meine Beziehung zu Pachu. Ich falle in alte Verhaltensmuster. Dies ist für mich der Punkt, an welchem ich handeln muss, Ursachen suchen (naja, suchen muss ich immerhin nicht groß, liegt ja alles auf der Hand), Lösungen finden. Und umsetzen.

So, Semmelknödel kochen und Champignon-Rahmsauce dazu für Bebi und mich.

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